Carrageen wird aus Rotalgen gewonnen.

Wenn Sie das Wort „Carrageen“ hören, denken Sie vielleicht an ein mysteriöses chemisches Pulver aus einem Labor. Tatsächlich handelt es sich jedoch um einen natürlichen Stoff, der aus Rotalgen gewonnen wird – einem Schatz aus dem Meer, der sowohl in der Lebensmittelindustrie als auch in der Kosmetik und Pharmazie Verwendung findet. Doch was genau verbirgt sich hinter diesem Stoff, der in so vielen Produkten steckt?

Was ist Carrageen?

Carrageen, auch bekannt als Zusatzstoff E 407, wird aus bestimmten Rotalgenarten extrahiert, insbesondere aus Chondrus crispus (auch als „Irisch Moos“ bekannt) und anderen verwandten Arten. Diese Algen wachsen hauptsächlich in kühleren Gewässern, etwa an den Küsten des Nordatlantiks und im Pazifik.

Die Gewinnung ist ein erstaunlich natürlicher Prozess:

  1. Ernte: Die Algen werden gesammelt, gewaschen und getrocknet.
  2. Extraktion: Anschließend werden sie in heißem Wasser gekocht, wodurch die gelartige Substanz freigesetzt wird.
  3. Trocknung und Mahlung: Nach dem Filtern wird das Carrageen getrocknet und zu Pulver verarbeitet, das dann in verschiedensten Industrien genutzt wird.

Das Ergebnis ist ein vielseitiges Polysaccharid, das durch eine Reihe von Eigenschaften überzeugt.

Wofür wird Carrageen verwendet?

Der Zusatzstoff ist ein wahres Multitalent, das in einer Vielzahl von Produkten zum Einsatz kommt. Seine Hauptfunktion: Es wirkt als Verdickungsmittel, Gelbildner und Stabilisator. Hier einige Beispiele:

Lebensmittelindustrie

  • Milchprodukte: Ob Sahne, Joghurt oder Eiscreme – Carrageen sorgt für eine cremige Konsistenz und verhindert das Absetzen von Inhaltsstoffen.
  • Fleischprodukte: Es wird häufig in Wurstwaren verwendet, um die Feuchtigkeit zu binden.
  • Pflanzliche Alternativen: In Soja-, Hafer- oder Mandelmilch hilft es, eine gleichmäßige Textur zu schaffen.
  • Süßigkeiten und Desserts: Hier spielt E 407 eine tragende Rolle bei der Gelierung von Puddings, Gummibärchen oder Marshmallows.

Kosmetik

In Cremes, Shampoos und Zahnpasta dient Carrageen als Konsistenzgeber und sorgt dafür, dass die Produkte angenehm aufzutragen sind.

Pharmazeutische Produkte

Carrageen findet sich auch in Kapselhüllen, Hustenmitteln oder speziellen Gelen zur Wundversorgung. Seine gelartige Struktur macht es hier besonders wertvoll.

Warum ist Carrageen umstritten?

Die Sicherheit von Carrageen wird häufig diskutiert und ist eng mit der Verwechslung zwischen „Lebensmittel-Carrageen“ und „abgebautem Carrageen“ verbunden. Letzteres, auch Poligeenan genannt, entsteht durch intensive chemische Verarbeitung und wird nicht in Lebensmitteln verwendet, da es in einigen Studien mit gesundheitsschädlichen Effekten wie Entzündungen im Darm in Verbindung gebracht wurde. Lebensmittel-Carrageen hingegen, das aus Algen gewonnen und ohne aggressive chemische Prozesse verarbeitet wird, ist von internationalen Organisationen wie der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und der WHO in den zugelassenen Mengen als sicher eingestuft.

Trotz dieser Einschätzungen wird E 407 gelegentlich von Kritikern hinterfragt, da es bei empfindlichen Personen Magen-Darm-Beschwerden auslösen könnte, insbesondere bei höheren Verzehrmengen. Die Diskussion bleibt daher lebhaft, auch wenn die bisher vorliegenden Daten keine Gefahr durch Lebensmittel-Carrageen zeigen, solange es in den vorgeschriebenen Mengen verwendet wird.

Mythen und Fakten: Das sollten Sie wissen

Wie bei vielen Zusatzstoffen kursieren auch über Carrageen einige Mythen. Hier ein paar Fakten, die Klarheit schaffen:

  • Carrageen ist natürlich: Es stammt direkt aus Algen und ist kein synthetischer Stoff.
  • Es ist vegan: Anders als Gelatine, die aus tierischen Produkten gewonnen wird, eignet sich Carrageen ideal für vegane und vegetarische Produkte.
  • Kontroverse Studien: Manche Untersuchungen haben abgebautes Carrageen untersucht und mit gesundheitlichen Risiken in Verbindung gebracht. Lebensmittel-Carrageen ist jedoch eine andere Substanz und wurde in diesen Studien nicht berücksichtigt.

Nachhaltigkeit

Ein oft übersehener Aspekt ist die umweltfreundliche Gewinnung von Carrageen. Algen sind schnell nachwachsende Rohstoffe, die wenig Ressourcen beanspruchen. Ihre Ernte trägt zur Schaffung von Arbeitsplätzen in Küstenregionen bei und kann ökologisch verträglich gestaltet werden. Die steigende Nachfrage nach pflanzlichen Lebensmitteln und nachhaltigen Produktionsmethoden macht Carrageen zu einem wichtigen Stoff der Zukunft.

Fazit: Carrageen – besser als sein Ruf

Carrageen ist ein faszinierendes Beispiel dafür, wie natürliche Stoffe in unserer modernen Welt vielseitig eingesetzt werden können. Von der Herstellung cremiger Desserts bis hin zur Verbesserung der Textur von Kosmetika – es spielt in vielen Bereichen eine wichtige Rolle.

Auch wenn es immer wieder kontroverse Diskussionen gibt, bleibt Carrageen bei korrekter Verwendung ein sicherer und nützlicher Bestandteil vieler Produkte. Vielleicht schauen Sie beim nächsten Einkauf einmal genauer auf die Zutatenliste – und entdecken den Alleskönner aus der Tiefe des Meeres.

Quellen:

EFSA (2018) „Re-evaluation of carrageenan (E 407) and processed Eucheuma seaweed (E 407a) as food additives“. Verfügbar unter: https://www.efsa.europa.eu/en/efsajournal/pub/5238 (Zugriff am 20. Januar 2025).

WHO (2014) „Carrageenan (Chemical Number: 377)“. Verfügbar unter: https://apps.who.int/food-additives-contaminants-jecfa-database/Home/Chemical/377 (Zugriff am 20. Januar 2025).

BR (2024) „Carrageen: Was ist Carrageen und warum ist es in der Schlagsahne“. Verfügbar unter: https://www.br.de/radio/bayern1/carrageen-100.html (Zugriff am 20. Januar 2025).

NetDoktor (2021) „E407 – Carrageen: Anwendung, Risiken“. Verfügbar unter: https://www.netdoktor.de/ernaehrung/zusatzstoffe/e407-carrageen/ (Zugriff am 20. Januar 2025).

PharmaWiki (o.J.) „PharmaWiki“. Verfügbar unter: https://www.pharmawiki.ch/wiki/index.php (Zugriff am 20. Januar 2025).

Bilder:

Titelbild: AdobeStock, #496695016, dam

Eiscreme: Pixabay, #476361, Counselling

Gelkapseln: Pixabay, #206150, eliasfalla

Algen: Pixabay, #2307691, luisalvoeiro

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