Du willst wissen, was in deinem Essen steckt? Dann schaust du wahrscheinlich auf die Zutatenliste. Und wenn du dort keine E-Nummern oder schwer verständlichen Begriffe findest, bist du vielleicht erstmal beruhigt. Doch was viele nicht wissen: Einige Zusatzstoffe dürfen in Lebensmitteln verwendet werden, ohne dass sie überhaupt auf der Verpackung stehen. Eine dieser besonders intransparenten Gruppen sind die sogenannten Trägerstoffe.

Sie tauchen auf keiner Zutatenliste auf – und genau das ist das Problem.

Was sind Trägerstoffe eigentlich?

Trägerstoffe sind Stoffe, die anderen Zusätzen helfen, „ihre Arbeit zu machen“: Sie verdünnen, lösen, stabilisieren oder sorgen dafür, dass Vitamine, Farbstoffe oder Aromen gleichmäßig im Produkt verteilt sind. Sie haben keine eigene Wirkung im fertigen Produkt – und genau deshalb müssen sie oft nicht deklariert werden.

Beispiele:

  • Maltodextrin – beliebt zur „Verdünnung“ von Aromen
  • Zitronensäure (E 330) – als Stabilisator für Vitamin C
  • Ethanol (Alkohol) – als Lösungsmittel für natürliche Aromen
  • Cellulosepulver – als Träger für Farbstoffe

Die Hersteller setzen sie gezielt ein, aber der Gesetzgeber sagt: Wenn sie im Endprodukt „keine Funktion“ mehr haben, gehören sie nicht auf die Zutatenliste.

Technisch korrekt – aber für Verbraucher:innen schlicht irreführend.

Ein Schlupfloch in der Kennzeichnungspflicht

Laut EU-Lebensmittelrecht, genauer gesagt der Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV), müssen Zusatzstoffe nur dann deklariert werden, wenn sie im Endprodukt eine technologische Wirkung entfalten. Das heißt: Wenn ein Zusatzstoff z. B. dafür sorgt, dass ein Joghurt cremig bleibt, ein Getränk leuchtend gelb aussieht oder ein Produkt länger haltbar ist, dann muss er auf dem Etikett stehen – meistens mit Funktionsklasse und E-Nummer.

Doch für sogenannte Trägerstoffe gilt diese Pflicht nicht – denn sie gelten nur als „technologische Hilfsstoffe“ im Herstellungsprozess. Sie sollen lediglich helfen, andere Zutaten löslich, dosierbar oder stabil zu machen. Im fertigen Produkt sollen sie keine „eigene“ Wirkung mehr haben – und dürfen daher unerwähnt bleiben.

Was auf dem Papier logisch erscheint, wird im Alltag schnell zum Problem. Denn:

🏷️ Du kaufst ein Produkt, auf dem steht „ohne Zusatzstoffe“ – obwohl Zusatzstoffe enthalten sind.
Warum? Weil Trägerstoffe nicht als Zusatzstoffe gelten, sondern als technologische Hilfen. Rein rechtlich korrekt – aber inhaltlich hochgradig irreführend.

🥤 Du kannst ein Produkt konsumieren, das Alkohol enthält – ohne dass du es weißt.
Wenn Alkohol als Lösungsmittel für ein „natürliches Aroma“ verwendet wird, ist das rechtlich zulässig – aber auf dem Etikett nicht ersichtlich. Für Menschen mit Alkoholabstinenz (aus religiösen, gesundheitlichen oder persönlichen Gründen) ist das ein echter Vertrauensbruch.

🍚 Du kannst Maltodextrin zu dir nehmen, ohne dass es irgendwo genannt wird.
Maltodextrin ist ein hochverarbeiteter Zuckerbaustein, der häufig als Trägerstoff für Aromen, Vitamine oder Farbstoffe eingesetzt wird. Er kann den Blutzuckerspiegel beeinflussen, Blähungen verursachen oder bei Reizdarm unangenehm wirken – doch wenn er „nur“ Trägerstoff ist, bleibt er unsichtbar.

🚨 Warum ist das ein Problem?

Diese Art von „Sauberkeit“ auf dem Etikett täuscht – sie ist das Ergebnis juristisch perfektionierter Formulierungen, aber nicht von echter Offenheit gegenüber Verbraucher:innen. Denn:

Was nicht deklariert werden muss, wird auch nicht kommuniziert – selbst wenn es im Produkt steckt.

  • Verbraucher:innen werden bewusst im Unklaren gelassen
    Wer Zusatzstoffe meiden möchte, kann das oft gar nicht vollständig tun – weil manche schlicht nicht sichtbar gemacht werden. Das schwächt die Autonomie informierter Entscheidungen.
  • Menschen mit Unverträglichkeiten oder Allergien sind gefährdet
    Trägerstoffe können Laktose, Gluten oder Alkohol enthalten. Für Betroffene kann das zur Gesundheitsgefahr werden – obwohl sie „nichts Verbotenes“ gegessen haben.
  • Religiöse oder ethische Vorgaben können verletzt werden
    Wenn Alkohol nicht gekennzeichnet wird, ist das z. B. für muslimische oder abstinent lebende Menschen ein echtes Problem.
  • „Clean Label“ wird zur Mogelpackung
    Viele Produkte werben mit „ohne Zusatzstoffe“ oder „frei von E-Nummern“ – enthalten aber durchaus Trägerstoffe, die nur deshalb nicht genannt werden, weil sie rechtlich keine Zutaten sind.

📦 Wo stecken Trägerstoffe drin?

Kurz gesagt: Fast überall, wo Lebensmittel industriell verarbeitet werden. Trägerstoffe sind wahre Allrounder – und genau deshalb auch so weit verbreitet. Besonders häufig begegnen sie dir in folgenden Produktgruppen:

  • Aromatisierte Joghurts, Müslis und Frühstücksprodukte
    Hier sorgen Trägerstoffe dafür, dass Aromen gleichmäßig verteilt sind und sich Vitamine oder Farbstoffe stabil halten – auch nach Wochen im Kühlregal.
  • Multivitaminsäfte, Nahrungsergänzungsmittel und Functional Food
    Vitamine und Mineralstoffe sind oft empfindlich oder schlecht löslich. Trägerstoffe helfen, sie in flüssiger oder fester Form überhaupt verarbeitbar zu machen – ohne dass man sie schmeckt oder sieht.
  • Vegane Fleischersatzprodukte oder „Protein“-Snacks
    Gerade hier wird stark mit Aromen, Farbstoffen und Stabilisatoren gearbeitet – und Trägerstoffe spielen im Hintergrund eine zentrale Rolle, um Konsistenz und Geschmack zu gewährleisten.
  • Vermeintlich „natürliche“ Fertiggerichte oder Suppen
    Auch Produkte mit dem Label „ohne Zusatzstoffe“ enthalten oft Aromastoffe oder Vitamine, die mithilfe von Trägern wie Maltodextrin oder Cellulose verarbeitet wurden – nur eben ohne Kennzeichnung.

Und ja: Auch Bio-Produkte nutzen Trägerstoffe – insbesondere in verarbeiteten Varianten. Denn auch im Bio-Regal geht es um Stabilität, Haltbarkeit und gleichbleibenden Geschmack. Bio bedeutet weniger Zusatzstoffe, aber nicht automatisch mehr Transparenz.

Trägerstoffe

🛡️ Was kannst du tun?

  • Misstrauisch bei „natürlichem Aroma“ & Co. – oft sind Trägerstoffe im Spiel.
  • Je kürzer die Zutatenliste, desto besser.
  • Hersteller direkt ansprechen – vor allem bei sensiblen Unverträglichkeiten.
  • Unverarbeitete Produkte bevorzugen – da braucht’s keine Hilfsstoffe.

Fazit

Trägerstoffe sind ein blinder Fleck in der Kennzeichnungspflicht. Für viele Menschen harmlos – aber für andere versteckte Risiken, die gesetzlich nicht sichtbar gemacht werden müssen. Das ist rechtlich erlaubt – aber aus Sicht von Transparenz und Verbraucherschutz höchst fragwürdig.

Du wünschst dir Gerichte ohne Zusatzstoffe oder Trägerstoffe? Dann sieh dich doch mal im bleibwacker Shop um. Das komplette Sortiment ist bio und komplett frei von Zusatzstoffen, Konservierungsstoffen oder unerwünschten Trägerstoffen. Du findest darin nur Zutaten, die du auch selbst beim Kochen verwenden würdest. Denn das Motto von bleibwacker lautet „Nur drin, was reingehört“.

Titelbild: Pixabay, ivabalk white-3863173_1280
Nahrungsergänzungsmittel: Pixabay, Ajale, #1328803
Milchprodukte: Pixabay, stevepb, #1619676
Kühlregal: Pixabay, Joenomias, #3840441

Lebensmittelklarheit.de, 2024. Technische Hilfsstoffe – Was ist das und müssen sie gekennzeichnet werden? [online] Verfügbar unter: https://www.lebensmittelklarheit.de/fragen-antworten/technische-hilfsstoffe [Zugriff am 14. Apr. 2025].

Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), 2024. Zusatzstoffe in Lebensmitteln. [online] Verfügbar unter: https://www.bvl.bund.de/DE/Arbeitsbereiche/01_Lebensmittel/03_Verbraucher/05_Zusatzstoffe/lm_zusatzst_node.html [Zugriff am 14. Apr. 2025].

Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), 2024. Lebensmittelkennzeichnung – Die wichtigsten Vorgaben der LMIV. [online] Verfügbar unter: https://www.bmel.de/DE/themen/ernaehrung/lebensmittel-kennzeichnung/pflichtangaben/lebensmittelkennzeichnung-wichtigsten-vorgaben-lmiv.html [Zugriff am 14. Apr. 2025].

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Mit akademischen Hintergrund und umfangreicher Erfahrung im wissenschaftlichen Arbeiten bringe ich eine analytische Denkweise und eine Leidenschaft für gründliche Recherche mit. Mein Ziel ist es, präzise und verständliche Informationen über Zusatzstoffe und ihre Auswirkungen auf unsere Ernährung bereitzustellen. So möchte ich dazu beitragen, dass unsere Leser fundierte Entscheidungen treffen und ein tieferes Verständnis für die Inhaltsstoffe ihrer Lebensmittel entwickeln.

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