In der Welt der Süßstoffe gibt es bekannte Namen wie Aspartam oder Sucralose – doch Neotam, mit der E-Nummer E961, bleibt für viele ein unbeschriebenes Blatt. Dabei handelt es sich um einen der potentesten Süßstoffe überhaupt: 7.000 bis 13.000 Mal süßer als Zucker – und dabei nahezu kalorienfrei. In diesem Beitrag erfährst du, was hinter dem Hochleistungssüßstoff steckt, wo er eingesetzt wird und warum er bislang so selten zu finden ist.
🧪 Was ist Neotam?
Neotam (Neotame) ist ein synthetischer Süßstoff, der chemisch eng mit Aspartam verwandt ist. Entwickelt wurde er als Weiterentwicklung von Aspartam – mit dem Ziel, eine stabilere, intensivere und vielseitigere Alternative zu schaffen. Und das ist gelungen: Bereits winzige Mengen Neotam reichen aus, um eine intensive Süße zu erzeugen, ohne den Kaloriengehalt nennenswert zu erhöhen.
Vorteile von Neotam
- Extrem hohe Süßkraft: Neotam ist bis zu 13.000-mal süßer als Haushaltszucker – ein Spitzenwert unter den Süßstoffen. Das bedeutet: Bereits winzige Mengen reichen aus, um Speisen oder Getränke intensiv zu süßen. Dadurch sinkt nicht nur der Kaloriengehalt, sondern auch der Rohstoffverbrauch.
- Hitzestabil und pH-stabil: Ein großer Vorteil gegenüber vielen anderen Süßstoffen ist die hohe Stabilität bei Hitze und Säure. Neotam eignet sich deshalb auch zum Backen, Kochen oder für säurehaltige Getränke wie Cola oder Fruchtschorlen, ohne seine Süßkraft zu verlieren oder unerwünschte Nebenaromen zu entwickeln.
- Zahnfreundlich: Da Neotam nicht von den Bakterien im Mund verstoffwechselt wird, fördert es keine Kariesbildung – im Gegensatz zu Zucker, der ein Hauptnährstoff für zahnschädliche Bakterien ist.
- Geeignet für Diabetiker:innen: Neotam hat keinen Einfluss auf den Blutzuckerspiegel und ist daher auch für Menschen mit Diabetes eine interessante Alternative zu Zucker – insbesondere in Kombination mit anderen Blutzucker-neutralen Zutaten.
- Keine Warnpflicht für Phenylketonurie: Obwohl Neotam chemisch mit Aspartam verwandt ist, enthält es nur extrem geringe Mengen Phenylalanin. Daher besteht keine Kennzeichnungspflicht für Menschen mit Phenylketonurie (PKU) – ein weiterer Pluspunkt gegenüber seinem „großen Bruder“ Aspartam.

Warum ist Neotam so selten?
Trotz seiner Eigenschaften fristet Neotam noch ein Nischendasein in der Welt der Süßstoffe. Das hat mehrere Gründe:
- Geringe Bekanntheit und eingeschränkte Marktdurchdringung: Obwohl Neotam bereits seit 2010 in der EU zugelassen ist, wird es nur selten aktiv vermarktet – und das nicht in allen Mitgliedsstaaten. In vielen Fällen fehlt es an Sichtbarkeit bei Herstellern wie auch bei Verbraucher:innen. Große Konzerne setzen lieber auf bekannte Alternativen, deren Akzeptanz im Markt bereits erprobt ist.
- Starker Wettbewerb durch etablierte Süßstoffe: Süßstoffe wie Sucralose, Steviolglycoside (E960) oder Erythrit haben sich längst im Handel etabliert – sowohl in industriellen Rezepturen als auch in Haushalten. Sie genießen ein höheres Vertrauen, bessere Verfügbarkeit und oft niedrigere Kosten in der Produktion.
- Technische Herausforderung bei der Dosierung: Die extrem hohe Süßkraft von Neotam macht eine präzise Dosierung notwendig, besonders in der industriellen Verarbeitung. Schon kleinste Abweichungen können zu übermäßig süßem oder unausgewogenem Geschmack führen. Zudem ist die Kombination mit anderen Süßstoffen oder Aromen technisch anspruchsvoll.
- Regulatorische und wirtschaftliche Hürden: In manchen Ländern existieren noch zulassungsrechtliche Einschränkungen oder fehlende Normen, was die Verwendung zusätzlich verlangsamt. Auch wirtschaftlich lohnt sich der Einsatz oft nur bei sehr großen Produktionsvolumina.
Wo findet man Neotam?
Neotam wird überwiegend in industriell hergestellten Lebensmitteln eingesetzt, vor allem in Produkten, bei denen eine hohe Süßkraft bei gleichzeitig minimaler Menge gefragt ist. Dazu zählen unter anderem:
- zuckerfreie Limonaden und Erfrischungsgetränke
- Light-Desserts wie Puddings oder Cremes
- Kaugummis und zuckerfreie Bonbons
- Nahrungsergänzungsmittel, z. B. Vitamintabletten oder Proteinshakes
Durch seine hohe Hitzestabilität ist Neotam auch für Produkte geeignet, die gebacken oder pasteurisiert werden. Trotzdem bleibt der Einsatz regional stark begrenzt: Während Neotam in den USA bereits seit 2002 von der FDA zugelassen ist und dort gezielt in der Industrie verwendet wird, ist der Süßstoff in Europa zwar seit 2010 von der EFSA als sicher eingestuft, wird aber bislang nur selten verwendet.
Der Grund liegt oft nicht in der Qualität des Stoffs, sondern vielmehr in wirtschaftlichen und markttechnischen Faktoren: Hersteller greifen eher zu bekannten Süßstoffen mit klarer Verbraucherakzeptanz – wie Stevia oder Sucralose – und scheuen den Einsatz wenig etablierter Alternativen wie Neotam.

Sicherheit und Bewertung
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und andere internationale Gesundheitsorganisationen haben Neotam als sicher eingestuft. Die erlaubte tägliche Aufnahmemenge (ADI) liegt bei 2 mg pro Kilogramm Körpergewicht – ein Wert, der selbst bei regelmäßigem Konsum kaum erreicht wird, da der Stoff so hoch konzentriert ist.
Fazit
Neotam ist zweifellos ein technisch beeindruckender Süßstoff: Er ist extrem süß, kalorienfrei, hitzestabil und für Diabetiker:innen geeignet. Doch trotz dieser Eigenschaften bleibt sein Einsatz überschaubar und weitgehend auf die Industrie beschränkt – und das hat gute Gründe. Die extreme Süßkraft erschwert die Dosierung, seine fehlende Bekanntheit hemmt die Nachfrage, und auch die Verbrauchertransparenz lässt zu wünschen übrig: Neotam kann sich hinter der E-Nummer E961 verstecken, ohne dass viele Menschen wissen, was sich dahinter verbirgt.
Wer bewusst auf Zucker verzichten möchte, sollte daher nicht nur auf „zuckerfrei“ achten, sondern Zutatenlisten kritisch prüfen – denn Neotam ist kein natürlicher Stoff, sondern ein hochverarbeitetes Süßungsmittel, das vor allem aus Effizienzgründen eingesetzt wird. Ob sich Neotam in Zukunft breiter durchsetzen kann, hängt nicht nur von seiner Süßkraft ab, sondern auch davon, wie viel Akzeptanz die Industrie und vor allem die Verbraucher:innen ihm entgegenbringen.
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Limonade: Pixabay, Peggy_Marco, #1167813
Pudding: Pixabay, SimaBiswas, #4545945
Quellen:
Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), 2007. Scientific Opinion on the safety of the sweetener Neotame (E 961). EFSA Journal, 581, S. 1–43. Verfügbar unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A52007DC0581 [Zugriff am 22. April 2025].
foodsweeteners.com, o.J. Applications and Uses of Neotame. Verfügbar unter: https://www.foodsweeteners.com/applications-and-uses-of-neotame/ [Zugriff am 22. April 2025].