Warum Fruchtgeschmack nicht gleich Frucht ist – und worauf Eltern achten sollten
Viele Kinder lieben Erdbeerjoghurt, Fruchtzwerge, Gummibärchen oder bunte Frühstücksflocken. Der fruchtige Geschmack lässt auf gesunde Zutaten hoffen – doch oft steckt keine echte Erdbeere drin, sondern nur ein „natürliches Aroma“. Gerade bei Produkten für Kinder sind Aromen weit verbreitet, um Geschmack, Duft und Farbe zu verstärken – und dabei Kosten zu sparen.
🍓 Natürlich? Ja. Aber nicht aus Erdbeeren.
Der Begriff „natürliches Aroma“ klingt zunächst unbedenklich, ist aber gesetzlich nicht eindeutig mit dem namensgebenden Lebensmittel verknüpft. Laut EU-Verordnung darf ein Aroma als „natürlich“ bezeichnet werden, wenn es aus natürlichen Ausgangsstoffen – also pflanzlicher, tierischer oder mikrobieller Herkunft – gewonnen wurde. Diese Ausgangsstoffe müssen jedoch nicht zwingend aus der Frucht stammen, deren Geschmack sie imitieren. So kann beispielsweise ein natürliches Erdbeeraroma auch aus anderen Pflanzen gewonnen werden, die ähnliche Aromastoffe enthalten – etwa bestimmten Kräutern oder Pilzen –, solange der Ursprung natürlichen Ursprungs ist. Die Herstellung aus Holzspänen ist für Erdbeeraroma jedoch unüblich und spielt in der Praxis keine Rolle.
Für Verbraucher:innen entsteht damit leicht ein Trugschluss: Die auf der Verpackung abgebildeten Erdbeeren suggerieren Frucht, dabei stammt der Geschmack oft aus dem Labor.
🍭 Warum gerade Kinderprodukte besonders betroffen sind
Kinder lieben süßen, intensiven Geschmack – und genau das bedienen Hersteller. Statt echter Früchte kommen:
- Aromen (z. B. natürliches Erdbeeraroma)
- Farbstoffe oder färbende Lebensmittel
- Zucker und Zuckerersatzstoffe zum Einsatz – oft in Kombination, um ein möglichst attraktives Produkt zu schaffen.
Der Anteil an echtem Obst ist dabei oft minimal. Das senkt die Kosten – und erhöht die Geschmackskonsistenz. Für Kinder bedeutet das jedoch: Der natürliche Geschmackssinn wird langfristig geprägt – und „echtes“ Obst kann im Vergleich fad erscheinen.
⚖️ Ist das erlaubt? Ja – aber nicht immer fair
Die Verwendung von Aromen ist in der EU gesetzlich geregelt. Dennoch bemängeln Verbraucherschützer regelmäßig die irreführende Aufmachung vieler Produkte: Bilder von Erdbeeren oder Bananen, die in Wahrheit nur aromatisiert sind, sind optisch täuschend – und viele Eltern erkennen den Unterschied nicht auf Anhieb.
Laut §3 der Aromenverordnung (AromenDV) dürfen Aromastoffe nicht in Säuglingsanfangsnahrung oder Lebensmitteln verwendet werden, die für Babys unter 16 Wochen gedacht sind. Für Folgenahrung (also für ältere Säuglinge) gibt es dagegen keine speziellen Vorgaben zur Verwendung von Aromen.
Tipp: Wenn auf der Verpackung keine echte Fruchtmenge angegeben ist („mit 10 % Erdbeerpüree“), steckt meist nur Aroma im Produkt.
🧠 Was macht das mit Kindern?
- Intensiver Geschmack durch Aromen und Zucker kann die Vorliebe für unnatürliche Lebensmittel verstärken.
- Der Umgang mit natürlicher Süße (z. B. aus frischen Früchten) wird verlernt.
- Die Vielfalt echter Lebensmittel tritt in den Hintergrund.
✅ Worauf Eltern achten können
- Zutatenliste genau lesen: Steht „natürliches Aroma“, ist es kein echter Fruchtanteil.
- Produkte mit echten Früchten bevorzugen – erkennbar z. B. an „Fruchtpüree“ oder „mit 40 % Frucht“.
- Kindern selbstgemachte Alternativen wie Naturjoghurt mit frischem Obst anbieten.
- Den Geschmackssinn bewusst schulen: Unterschied zwischen frischer Frucht und Aromaprodukt erklären.
📌 Fazit:
Aromen sind erlaubt – aber in Kinderlebensmitteln oft zu präsent. Wer den natürlichen Geschmackssinn fördern will, sollte häufiger zu echten Zutaten greifen und Verpackungsversprechen kritisch hinterfragen.
Quellen
Aromenverband (o. D.) Aromatisierung von Säuglingsnahrung. Verfügbar unter: https://aromenverband.de/stellungnahmen/aromatisierung-saeuglingsnahrung/#:~:text=Gem%C3%A4%C3%9F%20%C2%A73%20AromenDV%20ist,keine%20Regelungen%20hinsichtlich%20einer%20Aromatisierung (Zugriff am 25. April 2025).
AOK – Die Gesundheitskasse (2024) Was sind Aromen in Lebensmitteln – und sind Aromastoffe schädlich?. Verfügbar unter: https://www.aok.de/pk/magazin/ernaehrung/gesunde-ernaehrung/was-sind-aromen-in-lebensmitteln-und-sind-aromastoffe-schaedlich/ (Zugriff am 25. April 2025).
European Commission (o. D.) Food for infants and young children. Verfügbar unter: https://food.ec.europa.eu/food-safety/labelling-and-nutrition/specific-groups/food-infants-and-young-children_en (Zugriff am 25. April 2025).
Nature (2018) Smell enables identification of developmental disorders. Scientific Reports, 8, 20236. Verfügbar unter: https://www.nature.com/articles/s41598-018-20236-0 (Zugriff am 25. April 2025).
NIH – National Library of Medicine (o.D.) Flavour preference learning in early childhood. PMC, [Online] Verfügbar unter: https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC10271543/ (Zugriff am 25. April 2025).
Scentopia Singapore (o. D.) Smell is vital to child’s development. Verfügbar unter: https://www.scentopia-singapore.com/smell-is-vital-to-childs-development.html (Zugriff am 25. April 2025).
Sigma-Aldrich (o. D.) What is a natural flavor in the EU? The definition could change. Verfügbar unter: https://www.sigmaaldrich.com/DE/de/technical-documents/technical-article/food-and-beverage-testing-and-manufacturing/flavor-and-fragrance-formulation/what-is-a-natural-flavor-in-the-eu-the-definition-could-change (Zugriff am 25. April 2025).
Bilder
Beitragsbild: Pixabay, chapmanizer, #1293616