Borsäure verboten

Die Vorstellung wirkt heute befremdlich: Ein Stoff, der heute als gesundheitlich bedenklich gilt, war noch vor wenigen Jahrzehnten ganz selbstverständlich in Lebensmitteln enthalten. Die Rede ist von Borsäure – einer Verbindung, die in der Lebensmittelindustrie der EU lange als Konservierungsstoff eingesetzt wurde.

In diesem Beitrag werfen wir einen Blick zurück: Wo kam Borsäure früher zum Einsatz? Warum war sie überhaupt erlaubt – und was führte letztlich zu ihrem Verbot?

Was ist Borsäure?

Borsäure (H₃BO₃) ist eine schwache Säure, die auf dem chemischen Element Bor basiert. Sie kommt natürlich in Böden, Mineralquellen und Meerwasser vor und wird technisch in Form eines weißen kristallinen Pulvers verarbeitet.

Dank ihrer antimikrobiellen, fungiziden und antiseptischen Wirkung wurde sie vielseitig eingesetzt – unter anderem als:

  • Insektizid
  • Desinfektionsmittel
  • Bestandteil von Glas, Keramik und Kosmetika
  • Lebensmittelkonservierungsstoff – und genau hier beginnt der kritische Teil der Geschichte.
Borsäure Kaviar

Borsäure in Lebensmitteln: Damals ganz normal

Bis in die frühen 2000er-Jahre war Borsäure bzw. ihr Salz Borax in Teilen Europas ein zugelassener Lebensmittelzusatzstoff. Sie wurde verwendet, um:

  • Kaviar haltbarer zu machen
  • Reisprodukte (z. B. asiatische Reiskuchen) zu konservieren
  • Wurst- und Fleischwaren vor Mikrobenschäden zu schützen
  • Teige, Tofu oder Fischbällchen geschmeidiger zu machen

Insbesondere in asiatischen Produkten war Borax weit verbreitet – und fand über den internationalen Handel auch seinen Weg in europäische Supermärkte.

In manchen Fällen wurde Borsäure nicht deklariert, da sie als „technologischer Hilfsstoff“ galt. Für Verbraucher:innen war die Aufnahme damit schwer nachvollziehbar – obwohl Kinder und empfindliche Personen besonders betroffen waren.

Warum wurde Borsäure verboten?

Die EU-Kommission strich die Säure 2003 aus der Liste zulässiger Lebensmittelzusatzstoffe. Der Grund: neue toxikologische Erkenntnisse und eine Neubewertung durch die EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit).

Die zentralen Risikofaktoren:

  • Reproduktionstoxizität: Borsäure kann die Fruchtbarkeit beeinträchtigen und das ungeborene Leben schädigen (eingestuft als „fortpflanzungsgefährdend Kategorie 1B“).
  • Kumulative Wirkung: Der Körper kann Bor nur langsam ausscheiden – bei regelmäßigem Verzehr kann es zu chronischer Belastung kommen.
  • Niedrige Sicherheitsspanne: Die Differenz zwischen unbedenklicher und schädlicher Dosis ist gering – besonders bei Kleinkindern.

Zudem gab es Hinweise auf neurologische und hormonelle Effekte bei Langzeitexposition, wenn auch keine akuten Vergiftungsfälle in der Bevölkerung dokumentiert wurden.

Borsäure Kaviar

Heute: Striktes Verbot in der EU – aber wachsam bleiben

Seit dem Verbot besitzt Borsäure keine E-Nummer mehr und darf in der EU nicht mehr als Lebensmittelzusatzstoff verwendet werden – auch nicht als Konservierungsmittel oder Verarbeitungshilfe.

Allerdings ist Wachsamkeit bei Importprodukten gefragt: In einigen Ländern (z. B. Teilen Asiens oder des Nahen Ostens) ist die Verwendung von Borverbindungen noch immer üblich. Produkte wie:

  • Reiskuchen
  • eingelegte Eier
  • asiatische Süßwaren
  • getrocknete Tintenfischsnacks

können vereinzelt Borsäure oder Borax enthalten – oft ohne klare Kennzeichnung. Deshalb lohnt sich ein genauer Blick auf die Zutatenliste und der Kauf bei seriösen Quellen.

Fazit: Ein Rückblick mit Lerneffekt

Borsäure zeigt, wie sich unser Verständnis von Lebensmittelsicherheit weiterentwickelt hat. Was einst als unproblematisch galt, wird heute – zu Recht – kritisch hinterfragt. Das Beispiel macht deutlich: Natürlich heißt nicht automatisch harmlos, und Langzeitwirkungen verdienen besondere Aufmerksamkeit.

Für Verbraucher:innen heute gilt: Borsäure hat in Lebensmitteln nichts verloren. Wer sichergehen will, meidet Produkte mit unklaren Zusatzstoffen – und achtet auf Transparenz, Herkunft und möglichst naturbelassene Verarbeitung.

Titelbild: Pixabay, tortic84, #4633435
Kaviar auf Brot: Pixabay, marinamarusya13, #1500907
Kaviar-Törtchen: Pixabay, Enotovyj, #3559500

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Mit akademischen Hintergrund und umfangreicher Erfahrung im wissenschaftlichen Arbeiten bringe ich eine analytische Denkweise und eine Leidenschaft für gründliche Recherche mit. Mein Ziel ist es, präzise und verständliche Informationen über Zusatzstoffe und ihre Auswirkungen auf unsere Ernährung bereitzustellen. So möchte ich dazu beitragen, dass unsere Leser fundierte Entscheidungen treffen und ein tieferes Verständnis für die Inhaltsstoffe ihrer Lebensmittel entwickeln.

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