Der Zusatzstoff E 110, besser bekannt als Gelborange S, gehört zu den synthetischen Azofarbstoffen. Er verleiht Lebensmitteln, Getränken und Medikamenten eine kräftig orange-gelbe Farbe – oft dort eingesetzt, wo natürliche Zutaten an Farbintensität verlieren oder nicht ausreichen. Doch der Farbstoff steht schon lange in der Kritik – nicht nur wegen möglicher Gesundheitsrisiken, sondern auch wegen seiner Kennzeichnungspflicht.
Was ist E 110 genau?
E 110 ist ein künstlicher Farbstoff, der zur Gruppe der sogenannten Azofarbstoffe gehört – benannt nach der chemischen Bindung, die ihre leuchtenden Farben erzeugt (die sogenannte Azo-Gruppe: -N=N-).
Früher wurde E 110 aus Steinkohleteer gewonnen, also einem Nebenprodukt bei der Kohleverbrennung. Das klingt wenig appetitlich – und ist es auch. Heute stellt man den Farbstoff zwar anders her, aber immer noch synthetisch, also rein chemisch im Labor.
Die Grundlage bilden sogenannte aromatische Kohlenwasserstoffe – Verbindungen, die aus Erdöl gewonnen werden. Diese werden in mehreren chemischen Reaktionen so verändert, dass am Ende ein orangefarbener Farbstoff entsteht, der sich leicht in Wasser auflöst, hitzebeständig ist und nicht ausbleicht, wenn er Licht ausgesetzt wird.
Gerade diese Eigenschaften machen E 110 für die Lebensmittel- und Kosmetikindustrie so attraktiv: Der Farbstoff bleibt lange stabil und sorgt dafür, dass Produkte leuchtend bunt und optisch ansprechend wirken – ganz gleich, ob in Bonbons, Getränken oder Arzneimitteln.

Wo wird Gelborange S eingesetzt?
Du findest E 110 typischerweise in:
Süßwaren
E 110 sorgt in Fruchtgummis, Bonbons, Kaubonbons oder Geleefrüchten für kräftige, leuchtende Farben – vor allem bei Sorten mit Zitrus-, Mango- oder Tropengeschmack. Gerade Kinderprodukte sind oft auffällig bunt gefärbt, um besonders ansprechend zu wirken.
Getränken
Softdrinks, Limonaden, Multivitaminsaftmischungen und Energy-Drinks enthalten häufig E 110 – vor allem bei orangenen Sorten wie Orange, Maracuja oder Pfirsich. Auch Brausepulver oder Sirupe können den Farbstoff enthalten, um eine gleichmäßige, klare Farbe zu gewährleisten.
Backwaren
Fertige Kuchen, Rührmischungen, Kekse mit Cremefüllung oder Kuchen mit Glasur nutzen E 110, um die Füllung gelber oder die Oberfläche leuchtender zu machen. Auch in Donuts mit Orangenglasur oder „Fruchtfüllungen“ kann der Farbstoff zum Einsatz kommen.
Desserts und Puddingpulver
Puddingpulver, Instant-Cremes, Dessertsoßen oder Grießbreie enthalten häufig E 110, wenn eine intensive Vanille- oder Fruchtfarbe erzielt werden soll. Dabei dient der Farbstoff oft als Ersatz für echte Vanille oder Fruchtanteile.

Fertigsuppen oder Instant-Nudeln
Auch in herzhaften Produkten wie Fertigsuppen, Instant-Nudeln oder Snackmischungen ist der Farbstoff zu finden – meist in Kombination mit Geschmacksverstärkern. Hier sorgt er für eine gleichmäßige, appetitliche Farbe von Brühen oder Pulvermischungen.
Arzneimitteln und Vitaminpräparaten
E 110 wird als Farbstoff in Tablettenüberzügen, Kapseln, Säften oder Vitaminpräparaten eingesetzt – rein funktionell, um unterschiedliche Präparate optisch zu unterscheiden oder attraktiver zu gestalten. Auch Brausetabletten und Kinderarzneien sind häufig betroffen.
Kosmetika und Körperpflegeprodukte
In Kosmetikprodukten wie Lippenstiften, Rouge, Badezusätzen oder Duschgels wird Gelborange S eingesetzt, um warme, leuchtende Farbtöne zu erzeugen. Hier besteht keine Deklarationspflicht mit E-Nummer – Verbraucher:innen müssen auf INCI-Bezeichnungen achten (z. B. CI 15985).
In der EU ist der Einsatz von E 110 zulassungspflichtig und mengenmäßig begrenzt – mit festgelegten Höchstmengen für verschiedene Produktgruppen.
Gesundheitsrisiken: Warum steht E 110 in der Kritik?
1. Verhaltenseffekte bei Kindern
Wie andere Azofarbstoffe steht auch E 110 im Verdacht, ADHS-ähnliche Symptome bei Kindern auslösen oder verstärken zu können. Die Southampton-Studie (2007) zeigte Hinweise darauf, dass eine Mischung bestimmter Farbstoffe – darunter E 110 – in Kombination mit dem Konservierungsstoff Natriumbenzoat die Aktivität und Aufmerksamkeit negativ beeinflussen kann.
Deshalb gilt in der EU seit 2010 eine Hinweispflicht für Produkte, die E 110 enthalten:
„Kann die Aktivität und Aufmerksamkeit bei Kindern beeinträchtigen.“
2. Allergien und Unverträglichkeiten
Bei empfindlichen Personen kann der Farbstoff zu pseudoallergischen Reaktionen führen, u. a.:
- Hautausschläge oder Nesselsucht
- Asthmaanfälle
- Kopfschmerzen
- Verdauungsprobleme
Auch Menschen mit einer Salicylat-Intoleranz oder Histaminempfindlichkeit reagieren häufiger sensibel.

3. Internationale Verbote
Internationale Bewertung & Verbote
E 110 (Gelborange S) ist nicht überall erlaubt – und das wirft Fragen auf. Während der Farbstoff in der EU weiterhin zugelassen ist (mit Höchstmengen und Warnhinweis), wurde er in mehreren Ländern verboten, darunter:
- USA
- Kanada
- Norwegen
- Finnland
Der Grund: In diesen Ländern gelten strengere Maßstäbe, wenn es um potenziell gesundheitsgefährdende Zusatzstoffe geht – insbesondere im Hinblick auf Kinder, Allergiker:innen und langfristige Risiken. Die dortigen Behörden bewerten Farbstoffe wie E 110 oft vorsichtiger, insbesondere wenn Zweifel an der Unbedenklichkeit bestehen.
Doch warum ist E 110 in der EU noch erlaubt?
Ein möglicher Grund ist die unterschiedliche Risikobewertung: Während manche Behörden bei geringem wissenschaftlichen Konsens eher auf „Vorsorge“ setzen, folgt die EU meist dem Prinzip der „akzeptablen Tagesdosis“ (ADI). Solange dieser Wert laut aktueller Studienlage nicht überschritten wird, gilt ein Stoff als sicher – selbst wenn Warnhinweise vorgeschrieben sind.
Ein weiterer Aspekt sind wirtschaftliche Interessen: Künstliche Farbstoffe wie E 110 sind kostengünstig, zuverlässig und technologisch gut beherrschbar. Für viele Hersteller wäre ein Verzicht mit Mehrkosten und Anpassungen in der Rezeptur verbunden.
Das Ergebnis: Verbraucher:innen stehen vor einem Dilemma. Während manche Länder bereits konsequent reagiert haben, setzt die EU auf Kontrolle statt Verbot – was nicht zwangsläufig mehr Sicherheit bedeutet, sondern auch mehr Verantwortung beim Einkauf.
Fazit: Wer auf Nummer sicher gehen will, verzichtet am besten auf künstliche Farbstoffe mit Warnhinweis – unabhängig davon, ob sie erlaubt sind oder nicht.
Wie kannst du E 110 vermeiden?
Wer auf Nummer sicher gehen will – etwa bei empfindlichen Kindern, Allergien oder einem Wunsch nach natürlicher Ernährung – kann gezielt auf E 110 verzichten. Hier ein paar Tipps:
- Achte auf die Deklaration „E 110“ oder „Gelborange S“ auf der Zutatenliste
- Meide Produkte mit greller, künstlicher Farbgebung
- Bevorzuge Lebensmittel mit natürlichen Farbstoffen (z. B. Kurkumin, Paprikaextrakt)
- Kaufe Bio-Produkte – hier sind Azofarbstoffe wie E 110 nicht erlaubt
Fazit
E 110 – Gelborange S sorgt für leuchtende Farben, aber auch für berechtigte Kritik. Vor allem Kinder, empfindliche Personen und bewusste Konsument:innen sollten den Farbstoff im Blick behalten. Die gute Nachricht: Es gibt zahlreiche natürliche Alternativen, die ähnlich wirken – ohne potenzielle Nebenwirkungen.
Je kürzer und verständlicher die Zutatenliste, desto besser für dich – und deine Gesundheit.
Du wünschst dir auf deinem Teller mehr Produkte mit kurzer Zutatenliste und ohne Zusatzstoffe? Dann solltest du dir unbedingt die Produkte von bleibwacker ansehen. Hier ist nur drin, was wirklich reingehört. Zusatzstoffe? Die suchst du hier vergebens.

European Commission (o. D.): Food and Feed Information Portal Database. Online verfügbar unter: https://ec.europa.eu/ [Zugriff am 23.07.2025].
EFSA – Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (2014): Gelborange S: EFSA legt ADI fest. Online verfügbar unter: https://www.efsa.europa.eu/ [Zugriff am 24.07.2025].
Verbraucherzentrale Hamburg (o. J.): Wie gefährlich sind Azofarbstoffe? Online verfügbar unter: https://www.vzhh.de [Zugriff am 24.07.2025].
Bilder
Gelbe Macarons: Pixabay, JillWellington, #4049471
4 Macarons: Pixabay, Enotovyj, #3311851
Cupcakes: Pixabay, nguyenhuyentrang, #1025454
Krapfen: Pixabay, viarami, #6012585