Ob Fruchtgummi, Limonade oder Pudding – viele Produkte verdanken ihre leuchtend rote Farbe einem Stoff namens E122, auch bekannt als Azorubin oder Carmoisin. Doch hinter der intensiven Farbwirkung verbirgt sich eine Substanz, die seit Jahren in der Kritik steht. In diesem Beitrag werfen wir einen wissenschaftlich fundierten Blick auf Herkunft, Einsatz, gesundheitliche Bewertung und gesetzliche Regelungen rund um E122.
Was ist E122?
E122 ist ein synthetischer Azofarbstoff, der zur Färbung von Lebensmitteln, Kosmetika und Arzneimitteln eingesetzt wird. Azofarbstoffe zeichnen sich durch eine sogenannte Azo-Gruppe (-N=N-) aus – eine chemische Struktur, die für ihre kräftigen Farben bekannt ist. Azorubin selbst erzeugt einen rot-violetten Farbton und ist gut wasserlöslich.
Im Gegensatz zu färbenden Lebensmitteln oder natürlichen Pflanzenextrakten handelt es sich bei E122 um ein rein künstlich hergestelltes Produkt.

Wo wird E122 verwendet?
E122 kommt in einer Vielzahl stark verarbeiteter Lebensmittel zum Einsatz, insbesondere dort, wo eine intensive, stabile Rotfärbung gewünscht ist. Der Farbstoff hat keine ernährungsphysiologische Funktion – seine Aufgabe besteht ausschließlich darin, ein Produkt optisch aufzuwerten und damit für Konsument:innen attraktiver zu machen.
Typische Anwendungsbereiche:
- Süßwaren:
In Fruchtgummis, Bonbons, Brausepulver oder Lakritz wird E122 häufig eingesetzt, um ein intensives Kirsche-, Erdbeer- oder Himbeerrot zu erzeugen – unabhängig davon, ob echte Fruchtbestandteile enthalten sind. - Speiseeis und Fertigdesserts:
Besonders bei industriell hergestelltem Erdbeereis, Fruchtpudding oder Fertigmousse sorgt E122 für die gewünschte Farbintensität – oft als Ersatz für echte Zutaten. - Backwaren und Glasuren:
Kuchenüberzüge, Geleeschichten auf Torten oder Dekorelemente werden häufig mit Azorubin eingefärbt, da es beim Backen hitzestabil bleibt und nicht verblasst. - Getränke und Sirupe:
In Limonaden, Cocktail-Sirupen oder Energy Drinks wird E122 verwendet, um auffällige Farbtöne zu erzeugen – oft in Kombination mit weiteren Farbstoffen, um bestimmte Nuancen zu treffen. - Herzhafte Produkte:
Auch in Konserven wie eingelegten Paprikastreifen, Würzsoßen oder mariniertem Gemüse kommt E122 zum Einsatz – meist, um Farbverluste durch Erhitzung oder Lagerung auszugleichen. - Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel:
Hier dient der Farbstoff vor allem der Produktdifferenzierung (z. B. zur Unterscheidung von Tablettenarten) oder zur Verbesserung der optischen Akzeptanz bei Kindern.
Warum ist E122 für die Industrie so attraktiv?
Die Beliebtheit von Azorubin in der industriellen Verarbeitung hat mehrere technische Gründe:
- Hitzestabilität:
E122 behält seine Farbe auch bei hohen Temperaturen, z. B. beim Backen, Pasteurisieren oder Kochen. - Licht- und Lagerstabilität:
Im Gegensatz zu natürlichen Farbstoffen wie Rote-Bete-Pulver verblasst E122 deutlich langsamer, was die Haltbarkeit und die optische Qualität über lange Lagerzeiten verbessert. - Mischbarkeit:
Der Farbstoff lässt sich gut mit anderen synthetischen Farbstoffen kombinieren – so können gezielt bestimmte Farbtöne erzeugt werden, etwa durch Mischen mit blauen oder gelben Farbstoffen. - Geringe Kosten:
Synthetische Farbstoffe sind im Vergleich zu natürlichen Alternativen kostengünstiger – vor allem bei großen Produktionsmengen.

Was sagt die Wissenschaft zur gesundheitlichen Wirkung?
1. Hyperaktivität und Aufmerksamkeitsstörungen
E122 gehört zu den sogenannten „Southampton-Farbstoffen“, die im Rahmen einer groß angelegten Studie der Universität Southampton (McCann et al., 2007, The Lancet) untersucht wurden. Die Forscher stellten einen Zusammenhang zwischen dem Verzehr bestimmter Azofarbstoffe und einem Anstieg hyperaktiven Verhaltens bei Kindern fest – insbesondere in Kombination mit dem Konservierungsstoff Natriumbenzoat.
Als Konsequenz dieser Datenlage müssen Lebensmittel, die E122 enthalten, in der EU seit 2010 mit dem Warnhinweis versehen werden:
„Kann Aktivität und Aufmerksamkeit bei Kindern beeinträchtigen.“
2. Allergien und Intoleranzen
Der Farbstoff kann bei empfindlichen Personen pseudoallergische Reaktionen auslösen. Besonders betroffen sind Menschen mit:
- Asthma bronchiale
- Salicylatintoleranz
- Histaminintoleranz
Beschriebene Symptome reichen von Hautreaktionen (z. B. Urtikaria) über Atemnot bis hin zu gastrointestinalen Beschwerden. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bestätigt diese Risiken in mehreren Stellungnahmen.

3. DNA-Schäden und potenzielle Langzeitwirkungen
Einige In-vitro- und Tierversuche haben Hinweise auf genotoxische Effekte (also mögliche Schäden am Erbgut) bei sehr hohen Konzentrationen von Azorubin gezeigt. Zwar wurde daraus bislang kein konkretes Krebsrisiko beim Menschen abgeleitet, die EFSA betont jedoch die begrenzte Datenlage und empfiehlt weitere Untersuchungen.
Der derzeit gültige ADI-Wert („Acceptable Daily Intake“) für E122 liegt bei 4 mg pro Kilogramm Körpergewicht und Tag.
Zulassung und rechtliche Lage
E122 ist in der EU, der Schweiz und vielen anderen Ländern zugelassen, allerdings mit Einschränkungen. In einigen Ländern – wie Norwegen, Schweden, den USA und Kanada – ist die Verwendung in Lebensmitteln entweder verboten oder stark eingeschränkt.
In der EU regelt die Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 die Zulassung von Lebensmittelzusatzstoffen. Die Aufnahme von E122 in die Positivliste bedeutet nicht automatisch gesundheitliche Unbedenklichkeit – lediglich, dass der Stoff nach aktueller Studienlage bei Einhaltung der Grenzwerte als akzeptabel gilt.
Fazit: E122 – viel Farbe, wenig Vertrauen
Azorubin ist ein technischer Farbstoff, der rein ästhetischen Zwecken dient. Seine gesundheitliche Bewertung ist komplex: Einerseits liegen keine eindeutigen Nachweise für akute Schäden beim Menschen vor – andererseits existieren relevante Hinweise auf Verhaltensauffälligkeiten, Unverträglichkeiten und mögliche Langzeiteffekte.
Besonders bei empfindlichen Personen oder Kindern sollte ein bewusster Umgang mit Azofarbstoffen wie E122 selbstverständlich sein. Wer auf Nummer sicher gehen will, achtet beim Einkauf auf die Zutatenliste – und bevorzugt Produkte ohne künstliche Farbstoffe.
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Heißmann, Nicole (2021): Zusatzstoffe in Lebensmitteln: Wir beantworten die wichtigsten Fragen. In: stern.de, 27.11.2021. Online verfügbar unter: https://www.stern.de/gesundheit/zusatzstoffe-in-lebensmitteln–wir-beantworten-die-wichtigsten-fragen-30684308.html [zuletzt geprüft am 28.07.2025].
Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (Bayern) (o. J.): Azofarbstoffe. Online verfügbar unter: https://www.lgl.bayern.de/lebensmittel/warengruppen/wc_57_zusatzstoffe/et_azofarbstoffe.htm (Abgerufen am: 28.07.2025).
foodwatch Deutschland (o.J.) Warnhinweis für Azofarbstoffe. Online verfügbar unter: https://www.foodwatch.org/de/warnhinweis-fuer-azofarbstoffe (abgerufen am: 28. Juli 2025).
Bilder
Bonbons: Pixabay, silviarita, #2367056
Lutscher: Pixabay, ignartonosbg, #7678916
Zuckerstange: Pexels, Kristina Paukshtite, #3273490
Lutscher mit pinken Hintergrund: Pexels, Somben Chea, #1266105
